u-lit Literatur Magazin: start!
Philip Roth:
Amerikanisches Idyll
Aus dem
Amerikanischen
von Werner Schmitz.
Hanser 1998, 463 S.
45,00 DM


u-lit: rezension


u-lit: themen


u-lit neue Bücher...


u-lit: kontakt

Nathan Zuckerman ist alt geworden. Nach einer glücklich überstandenen Prostata-Operation lebt er zurückgezogen auf dem Lande. Zuckerman ist Schriftsteller und als Erzähler eingesetztes Alter Ego von Philip Roth in dessen letzten Romanen. Was ist aus den Hoffnungen, den Lebensentwürfen seiner Generation geworden? Diese Frage stellt sich ihm auf der Feier zum fünfzig- jährigen Jubiläum seiner Abschlußklasse, als er erfährt, daß das Idol seiner Jugend, der Held der ganzen Schule, gestorben ist.

...Idol seiner Jugend, der Held der ganzen Schule...

Sie nannten ihn nur den Schweden, die Leute in dem jüdischen Viertel in Newark in New Jersey. Groß, blond und ein Topsportler ist er immer freundlich und korrekt. Als er es schafft, sich dem Einfluß seines Vaters zu entziehen und die katholische Miß New Jersey 1949, heiratet, scheint seinem amerikanischen Traum nichts mehr im Wege zu stehen.Mit Erfolg übernimmt er die Handschuhfabrik seines Vaters, kauft seiner Familie ein großes altes amerikanisches Farmhaus. Und es wird ihm die schöne, blonde Tochter geboren, die er sich wünscht.

...es wird ihm die schöne, blonde Tochter geboren, die er sich wünscht...

Aber Mary, geliebt und beschützt, beginnt sich als Jugendliche abzukapseln. Mit steigender Wut attackiert sie ihre Eltern, die -wir befinden uns in den späten 60igern - mit endloser Toleranz reagieren. Schließlich wirft sie aus Protest gegen Vietnam eine Bombe auf das lokale Postamt, ein Passant stirbt, und die 17jährige taucht unter. Die Welt des Schweden zerbricht. Jahre des Wartens und der endlosen Fragen vergehen. Als er Mary plötzlich findet, lebt sie allein und in völliger Armut in einem Abbruchhaus. Nach weiteren Anschlägen mit weiteren Toten hat sie sich einer obskuren Sekte angeschlossen, die alles Leben außer dem eigenen für heilig erachtet. Eine Kommunikation ist nicht möglich, der Schwede gescheitert.

...Eine Kommunikation ist nicht möglich, der Schwede gescheitert...

Diese ganze traurige Geschichte präsentiert uns Zuckerman im Ton einer Litanei, mit wortgewaltiger Klarheit, aber ohne sentimentale Poetik. Seine Sympathie gilt dem Schweden, Mary, die Tochter, gerät ihm zum Monster. Ihrer radikalen Wut begegnet er mit Verständnislosigkeit: „Auch Hitler hatte einen Vater“. Es sind nicht einfach die Eltern, die an allem schuld sind; jeder Mensch steht für sich allein und kein Vater kann seine Kinder beschützen. Dieses festzuhalten ist dem alten Nathan Zuckerman wichtig. Zerbrochen ist das optimistische Vertrauen in das bürgerliche Projekt, das da lautet: mach alles richtig und arbeite hart, dann wird alles gut. Ein brillianter, altersweiser Gesellschaftsroman, für den Philip Roth den Pulitzerpreis `98 bekam.

...Ein brillianter, altersweiser Gesellschaftsroman...
Juli/´98 Weitere Rezensionen
©u-lit Zuletzt geändert am 19.02.2000/27.06.01 alte version